Orangina ETC 613 hat geschrieben: ↑06.02.2020, 16:01
also ich hab die Zeit mit Zelt auch durchaus genossen - so manch feucht fröhlichen Abend auf irgendeiner einer Wiese mit Freunden bis tief in die Nacht - Zelt war immer kompakt dabei, ob im Rucksack, Boot oder in den Autos - übernachtet wurde unkompliziert fast überall - notfalls im Vorgarten der Polizei (in Malmö haben wir das erst am Morgen gemerkt, als schon die Polizisten zur Arbeit kamen und der Rasenmäher um uns kreiste
- oder plötzlich stand 'ne Kuh am Zelteingang - aber Streß oder Ärger hatte ich damit nie).
bei "übernachtet wurde fast überall" fällt mir das folgenden Erlebnis ein. Wobei, das "fast" können wir in diesem Fall getrost streichen...
Eine Rückreise aus dem Südosten Finnlands mit einer Hochschulsport-Reisegesellschaft an Bord. Wir waren durchgefahren. Eigentlich wollten wir auf der Fähre nach Schweden schlafen. Natürlich nicht in Kabinen. Dafür hatten wir kein Geld. Unser Schlafplatz war auf dem überdachten Achterdeck in Schlafsäcken. Dumm nur, dass es unterwegs anfing zu regnen. Dass der Wind von Achtern wehte, merkten wir erst, als die Nässe irgendwo am Oberkörper ankam.
Die nächste Überfahrt von Schweden nach Dänemark war zu kurz zum Schlafen und zu hell und außerdem waren die Schlafsäcke noch nicht wieder trocken.
Entsprechend übermüdet passierten wir am Abend die Grenze nach Deutschland.
Campingplatz? – Die Kohle reichte gerade noch für den Sprit bis ins Ruhrgebiet. Also ab in den nächsten Wald. Nun sind Wälder in Norddeutschland rar. Und wir hatten nur einen kleinen ADAC-Atlas mit ziemlich groben Karten. Aber eines dieser raren, waldgrünen Gebiete lag ganz in der Nähe.
Die Straßen wurden immer schmaler und immer unbefestigter und zum Schluss gab es gar keinen Weg mehr. Dafür aber eine Wiese, die sich problemlos befahren ließ. Inzwischen war es stockdunkel und im Licht der runden Bilux-AS-Scheinwerferbirnen auch nicht wirklich viel zu erkennen. Wir parkten unter einem großen Baum. Einer hielt die Varta-Funzel-Taschenlampe und die restlichen vier bauten das Zelt auf. Nichts wie rein. Schlafen!
Der erste, der am nächsten Morgen zum Pinkeln rausmusste, kam zurück und rüttelte mich wach. „Komm mal. Da ist ein ganz komisches Haus.“
Ich wankte aus dem Zelt und sah erst jetzt, dass wir am Rande eines kleinen Sees zelteten. Die Morgennebel waberten über dem Schilf und als eine Windböe den Nebel etwas hob, erkannte ich am gegenüberliegenden Seeufer ein großes Gebäude. Es hatte sehr viele Fenster.
Die Morgenbrise nahm zu und enthüllte ein Türmchen und noch ein Türmchen und noch ein Türmchen….
Ich blickte mich um: riesige, uralte Bäume.
Und dann machte es in meinem benebelten Hirn Klick: wir campierten nicht etwa in einem ordinären deutschen Wald, sondern in einem Schlosspark.
Wir brauchten unter zehn Minuten, um Zelt, Schlafsäcke und Isomatten im Auto zu verstauen. Der Nebel hob sich währenddessen. Die Sonne kam heraus.
Wir malten uns aus, wie der Schlossherr die Fensterläden öffnete, in die Morgensonne blinzelte und am gegenüberliegenden Seeufer einige herumwuselnde Gestalten und einen abgewrackten Mercedes erblickte und seinen Butler anwies: "Bring er mir den Drilling und die Wildschweinmunition."
Wir konnten unerkannt entkommen, die Köpfe tief eingezogen. Bot die Panoramascheibe über dem Kofferraum doch ein hervorragendes Schussfeld ins Fahrzeuginnere.
Für die nächste Reise hatte die Flosse H4-Scheinwerfer, wir zwei Maglites und zwischen Sitz und Mittelablage klemmte ein Straßenatlas mit extra-großen Karten.