Killerton, Mottisfont, Dover
Es gäbe noch viel mehr zu sehen, den eigentlich geplanten Abstecher an die Nordküste oder auf die Lizard Halbinsel verhinderte aber eine Rücken Attacke (Rücken ist Mist…). So blieben wir noch zwei Nächte länger in St Just - ich auf dem Bett oder jedenfalls nur mühsam grade gehend (wieder mal im Urlaub…).
Auf dieser Rückreise war ich dann aber wieder ganz munter, nicht wie das sprichwörtlich Fohlen aber jedenfalls kein Pflegefall mehr. Damit es nicht nur Fahrtage würden, hatten wie noch zwei National Trust Schlösser eingeplant, dieses hier ist Killerton, wesentlich aus dem 18. Jahrhundert und Heim der Familie Acland, von denen Sir Richard Acland den Besitz 1948 an den National Trust übergab, weil er weiteres Luxusleben dieser Art mit seinen (linken) politischen Ansichten nicht vereinbaren konnte.
Davor war Killerton aber auch Schauplatz intensiver Fehden um das Frauenwahlrecht in Großbritannien (das es seit 1918 gibt), weil zwei Protagonisten des Für und Wieder aus dieser Familie kamen und am Abendbrottisch saßen, wenn sie sich grade ausreichend leiden konnten. Diesen beiden, Eleanor und Gertrude Acland, ist eine Ausstellung zum hundertsten Jahrestag gewidmet.
Abgesehen von der Ausstellung gibt es im Inneren wieder diese unnachahmliche Mischung verschiedener Einrichtungsstile und großbürgerliche Entspanntheit. Was kann schon wirklich passieren, wenn man in so einer Umgebung wohnt?
Im Schlosspark konnte der Hund sogar seiner Wege gehen, ohne jemanden aufzuregen.
Das letzte Schloss - Mottisfont - war ehemals ein Kloster und es war mit das tollste (es liegt aber schon wesentlich weiter östlich bei Southampton). Hier ist es die Familiengeschichte, besonders des letzten Sohnes Raymond, die mich faszinierte. Gilbert und Maud Russell kauften Mottisfont erst 1934 in üblem Zustand und verwandelten es in wenigen Jahren und mit viel Geld in einen großen Salon für Kunst und Künstler, in den man eingeladen wurde ein paar Tage oder Wochen zu verbringen.
Der Sohn Raymond Russell (geboren 1922) war ein “schwieriges Kind“ und man kann seine Entwicklung in diesem Haus und unter all diesen Leuten anhand der (auch als Buch erschienenen) Tagebucheinträge seiner Mutter Raum für Raum verfolgen. Raymond war ein begabter Pianist und Organist aber sicher kein froher Mensch (
https://en.wikipedia.org/wiki/Raymond_R ... anologist)).
Er verweigerte erst den Kriegsdienst, meldete sich dann aber freiwillig in den Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg sammelte er Musikinstrumente – er starb mit 42 Jahren auf Malta.
Das Bild von im Schlosspark picknickenden Familien unterschiedlicher Couleur finde ich dann immer wieder sehr beruhigend – so soll es sein.
Die weitere Fahrt Richtung Dover wurde dann zum rechten Stau Marathon. Es war das zweite englische Ferienwochenende und es hatten sich alle verabredet an gerade
diesem Wochenende zu fahren, der Stau nahm kein Ende. Angesichts der Verkehrsmassen um London herum hatten wir telefonisch schon einen Campingplatz bei Dover gebucht (was wohl eine gute Idee war), waren letztlich aber erst sehr spät da, als an ein gemütliche Pub Abendessen nicht mehr zu denken war. So gab es was der lokale (spät öffnende) Tesco Supermarkt noch hergab, das hier sind „Scottish eggs“:
Einen ganzen Tag Pause hatten wir noch vor der Fähre zurück, begannen uns aber schon erhebliche Sorgen zu machen ob der wachsenden Schlangen vor der Fähre (10 km vor Dover war schon dicht…). Auf der Seite der Fährgesellschaft gab es mehr oder minder verzweifelte Twitter Hilferufe von im Stau steckenden Reisenden mit ablaufenden Tickets und beruhigende Kommentare der Fähre, man würde alle mitnehmen auch noch später. So waren wir nur einigermaßen entspannt und beschlossen am nächsten Tag sehr früh da zu sein…
Den Tag selbst haben wir auf den White Cliffs of Dover verbracht, wo es windig aber ausnehmend schön war. Ich war da noch nie und das war ein Fehler – es ist toll.
Man läuft bis zu einem Leuchtturm mit einem Café und zurück und hat perfekte Ausblicke auf die bröckelnden Felsen. Wenn man will, kann man ganz nah ran…
Am nächsten Tag war die Woge der Fährkunden durch, wir fuhren ohne jeden Stau bis ran und erwischten eine frühere Fähre und fuhren dann problemlos bis Köln, wo die Hitze wütete und gewütet hatte, während wir bei ebenfalls prima Wetter aber eben nur 24°C in England sehr zufrieden waren.